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EZB plant die Einführung einer digitalen Währung


Überblick:

  • Die EZB plant die Einführung einer digitalen Währung
  • Facebooks Libra Coin und die Konkurrenz aus China sorgen für ein Umdenken
  • Die Pläne ernten jedoch nicht nur Zuspruch

Christine Lagarde, ihres Zeichens Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), zeigt sich offen gegenüber der Einführung einer eigenen digitalen Währung.

Zu diesem Zweck wurde eine internationale Arbeitsgruppe gegründet, in der die EZB mit einigen Zentralbanken an einer Kryptowährung arbeitet.

Vorbild des Ganzen ist der von Facebook geplante Libra Coin und die Pläne der chinesischen Regierung. Diese haben die Verantwortlichen der EZB und vieler Zentralbanken inspiriert und die Thematik einer digitalen Währung auf den Plan gerufen.

Libra als Vorbild – Facebooks Coin sorgt für ein Umdenken bei der EZB

Der ehemalige Chef der EZB, Mario Draghi, hat in der jüngeren Vergangenheit noch die Einführung einer Kryptowährung kategorisch ausgeschlossen.

Vor dem EU-Parlament erklärte er im Jahr 2018, dass digitale Währungen für Probleme bei anderen Institutionen im Bankensektor sorgen würden.

Dies begründete er mit den steigenden Kosten und Risiken bei anderen Banken, wenn schlagartig viele Menschen ihre Konten zur Europäischen Zentralbank umziehen würden.

Seine Nachfolgerin, die französische Politikerin und Juristin Christine Lagarde, sieht das dagegen etwas anders. Bereits in der Vergangenheit hat sich Lagarde häufiger positiv über Kryptowährungen geäußert.

Die ehemalige Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) rückt in dem Zusammenhang den von Facebook angekündigten Libra Coin in den Mittelpunkt.

Facebooks digitale Währung soll im Laufe des Jahres veröffentlicht werden und stellt laut Lagarde eine beachtenswerte Konkurrenz für den klassischen Währungsmarkt dar.

Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass der Libra ein ernstzunehmender Konkurrent zum Euro sein wird, jedoch könnte Libra ein Vorbild für Zentralbanken in den Vereinigten Staaten oder Asien sein.

Um nicht privaten Unternehmen oder Zentralbanken im Ausland einen Vorsprung im Bereich digitaler Währungen zu überlassen, wurde eine internationale Arbeitsgruppe gegründet.

Teil dieser Gruppe sind neben der EZB auch die Zentralbanken aus Schweden, Kanada, Großbritannien und der Schweiz.

Komplettiert wird das Gespann durch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Gemeinsam sollen Mittel und Wege erörtert werden, wie eine eigene digitale Währung traditionelle Finanzmittel ergänzen oder sogar ablösen könnte.

Insbesondere die Ankündigung der chinesischen Zentralbank, an einer eigenen Kryptowährung zu arbeiten, wurde als Anlass für die Gründung der Arbeitsgruppe genommen.

Mehr als nur eine Idee – die EZB gibt erste Einblicke in die Planung

Der Generaldirektor der EZB, Ulbrich Bindseil, hat zudem konkrete Pläne benannt, wie eine eigene Kryptowährung genutzt werden könnte.

Seinen Ausführungen zur Folge bekommt auch jede Privatperson ein Konto bei der Europäischen Zentralbank. Das Guthaben dieser Konten ist verlustfrei mit Guthaben bei anderen Banken oder Bargeld wechselbar.

Die EZB garantiert in dem Zusammenhang die Insolvenzsicherheit im Hintergrund. Die Pläne von Bindseil würden einen Paradigmenwechsel einläuten, denn bislang war es nur Banken und Staaten möglich, Konten und Transaktionen bei der EZB zu platzieren.

Um jedoch gleichzeitig zu verhindern, dass Kunden massenhaft ihre Guthaben bei Geschäftsbanken abziehen und zur EZB umschichten, sollen hohe Vermögenswerte auf EZB-Konten unattraktiv verzinst werden.

Ulbrich Bindseil zieht die Grenze bereits bei rund 3.000 Euro. Guthaben bis zu dieser Grenze sollen mit marktüblichen Zinssätzen vergütet werden.

Höhere Kontenstände sollen höchstens null Prozent oder eher noch weniger Zinsen zugerechnet werden. Daher soll es sich nicht pauschal lohnen, jegliche Vermögenswerte zur EZB zu übertragen und Geschäftsbanken auf diesem Wege zu schaden.

Ziel des Ganzen ist es, den Konkurrenzdruck durch digitale Währungen privater Unternehmen und anderer Zentralbanken, beispielsweise in China oder den USA, einzudämmen.

Gleichzeitig sei es essenziell, die Emission von digitalem Zentralbankgeld so zu steuern, dass es der Effizienz des Zahlungsverkehrs dient.

Jedoch soll keinesfalls die Währungsordnung grundsätzlich infrage gestellt werden. Die Pläne der EZB sollen zudem einen befürchteten „Bank-Run“ verhindern. Dieser wird von Kritikern als größtes Hindernis digitaler Zentralbankwährungen gesehen.

Bank-Runs als Showstopper?

Zwar vermindern die bislang veröffentlichten Pläne der Europäischen Zentralbank die Wahrscheinlichkeit eines Bank-Runs, jedoch kann das Problem nicht komplett aus der Welt geschafft werden.

Strukturelle Verschiebungen von Guthaben bei Geschäftsbanken zu Zentralbanken können zwar weitestgehend verhindert werden, jedoch besteht weiterhin die Problematik krisenbehafteter Verschiebungen. Diese sind in der Regel die Folge eines Bank-Runs.

Sobald eine Bank als unsicher oder gefährdet gilt, ziehen die Bankkunden schlagartig ihr Geld von den Konten ab und lagern es bei sicheren Banken ein.

Dieses Szenario treibt die Bank unumgänglich an einen Abgrund, da kurzfristig nicht genügend Kapital vorhanden ist, um den Kunden ihr Geld auch wirklich auszuzahlen.

Sollte nun die sichere EZB auch Privatkunden Zugang zu eigenen Konten mit einer digitalen Währung ermöglichen, könnte die EZB auch trotz unattraktiver Zinssätze ein Ziel für Verschiebungen dieser Art sein.

Der Vorschlag von Ulbrich Bindseil steht daher im klaren Konflikt mit der Idee, die klassischen Finanzinstrumente zu stärken.

Die Zentralbank tritt somit als Konkurrent für Geschäftsbanken auf, was insbesondere im Falle einer Finanzkrise für Probleme sorgen kann.

Genau dies hat auch der ehemalige Präsident der EZB, Mario Draghi, während seiner Amtszeit zu bedenken gegeben. Unterstützt wird Draghi bis heute von Anhängern des verstorbenen österreichischen Ökonomen und Sozialphilosophen Friedrich von Hayek.

Die Pläne der EZB ernten nicht nur Anerkennung

Während die Pläne der EZB von vielen Seiten als fortschrittlich und zukunftsweisend angesehen werden, schwappt aus der Ecke der „Vollgeld-Anhänger“ eine Welle der Kritik herüber.

Ökonomen, wie Joseph Huber oder Anhänger von Friedrich von Hayek, sehen die Aufgabe der EZB darin, den gesamten Geldumlauf zu kontrollieren. Dies sei nicht mehr gegeben, wenn man einerseits als Konkurrent zu Geschäftsbanken auftritt und andererseits hohe Guthaben von Privatpersonen gleichzeitig ausschließt.

Die Europäische Zentralbank kontert die Kritik damit, dass digitale Währungen viel besser kontrolliert werden können.

Dabei geht es nicht um die Kontrolle des gewöhnlichen privaten Zahlungsverkehrs, sondern vielmehr um die Aufdeckung von Geldwäsche, Betrugsvorgängen und Terrorfinanzierung.

Bindseil erklärt darüber hinaus, dass digitale Währungen viele Probleme des Bargeldschwunds von vornherein ausschließen.

Sollte die Bargeldnutzung im Zahlungsverkehr weiter zurückgehen, vermindert sich auch der Zugang von Privatpersonen zu Bargeldreserven bei Finanzinstituten.

Dies könne durch eine Kryptowährung verhindert werden, da diese nicht physisch vorhanden ist und somit nicht einfach verschwinden wird.

Dadurch müssten Privatpersonen nicht mehr ihr volles Vertrauen in die Hände der Finanzinstitute legen und auf ein Vorhandensein von ausreichend Bargeld hoffen.

Fazit: Die Pläne der EZB klingen überzeugend – jedoch nicht für jeden

Die Europäische Zentralbank will eine eigene Kryptowährung entwickeln und nimmt dabei auch den Libra Coin von Facebook als Vorbild.

Die gefürchtete Konkurrenz aus China und die fortschrittlichen Entwicklungen großer Unternehmen im Bereich digitaler Währungen sorgten für ein Umdenken in der Führungsriege der EZB.

Die bislang bekannten Pläne verdeutlichen, dass die EZB auch Privatpersonen in einem regulierten Umfang den Zugang zu Konten ermöglichen will. Bislang war dies nur Staaten und Banken erlaubt.

Auf den Konten wird das Guthaben der Privatpersonen in Form der digitalen Währung abgelegt. Ein unattraktiver Zinssatz für hohe Guthaben soll im Falle eines Bank-Runs das Umschichten von Geschäftsbankkonten zur EZB verhindern.

So fortschrittlich die Pläne der EZB auch klingen, so viel Kritik erntet die Idee aus dem Sektor des traditionellen Finanzsystems. Kritiker sehen eine Gefahr in der Öffnung der Zugänge für Privatpersonen, welche im Falle eines Bank-Runs ihr Geld auch bei hohen Guthaben zur sicheren EZB umschichten könnten.

Damit besteht mit der EZB ein mächtiger Konkurrent zu klassischen Geschäftsbanken, die sich somit einem noch größeren Risiko konfrontiert sehen, im Falle eines Bank-Runs zahlungsunfähig zu sein.

Gleichwohl sind die Pläne der EZB positiv zu bewerten. Um der Konkurrenz aus China entgegenzuwirken, ist die Entwicklung einer starken digitalen Währung der Europäischen Zentralbank von hoher Bedeutung.

Sollte es Ländern wie China gelingen, seine digitale Währung international zu platzieren, könnte dies der Bedeutung von Währungen, wie dem Euro oder Dollar, schaden.

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Autor
Jens Kerkmann
Jens interessierte sich bereits während seines Studiums im Bereich Wirtschaftsinformatik für die Themen Kryptowährungen und Blockchain-Technologie. Bis heute begleitet ihn die Materie in seinem Alltag und Berufsleben und er ist als Autor für Ratgeberartikel und Nachrichten aus dem Blockchain- und Digitalisierungsumfeld tätig.


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