Überblick:
- Telegram ICO hat weiter mit der SEC zu kämpfen
- US-Richter stuft GRAM Tokens als Wertpapier ein
- Telegram kündigt Rückzahlung an Investoren an
Regulatoren weltweit widmen sich weiter dem Verkauf von Krypto-Tokens.
Ein US-Richter schob nun dem Telegram ICO einen Riegel vor.
Der Messenger-Service der russischen Gründer möchte Investoren nun ausbezahlen.
Telegram ICO im Fadenkreuz der US-Regulatoren
Der Messenger-Service Telegram, gegründet von den russischen Durov-Brüdern Nikolai und Pavel, sorgte für großes Aufsehen, als das Blockchain-Netzwerk TON angekündigt wurde, das einen eigenen Token (GRAM Token) bekommen sollte. Das Initial Coin Offering wurde in mehreren Runden ausgerollt.
Dabei gab es in den ersten Runden lediglich größere Investments von einigen wenigen Vertrauten des Telegram Gründer-Teams. Der Token Sale war einer der größten, den die Krypto-Gemeinschaft bis dato gesehen hat.
Doch schnell gab es negative Nachrichten, was den weiteren Verlauf des Projekts drastisch verändern sollte. Die SEC verklagte die Firma, um das TON-Netzwerk zu stoppen, da ihre GRAM-Token nicht registrierte Wertpapiere seien. Telegramm argumentierte, GRAM-Token seien eine Handelsware.
Ein Bundesrichter in New York erließ eine einstweilige Verfügung, die mit der SEC übereinstimmte und Telegram an der Ausgabe der Token hinderte.
Bereits in der Vergangenheit gab es mehrere interessante Fälle, die auf der gleichen Annahme beruhten. Nämlich der Annahme, dass es sich bei den ausgegebenen Tokens im rechtlichen Sinne um Wertpapiere (engl.: „securities“) handelt.
So gab es auch ein großes Verfahren bei dem Kik-Projekt. Der Telegram-Fall könnte mittelfristig zu einem Präzedenzfall werden, der in Zukunft zur Entscheidungsfindung bei ähnlich gelagerten Fällen herangezogen werden kann.
Was ist das TON-Netzwerk und der GRAM-Token eigentlich?
Das TON-Netzwerk
Das TON-Netzwerk soll den Telegram-Messenger Service stark erweitern. Als beispielhafte Produkte, deren Implementierung geplant war, lassen sich TON Storage (Speichersystem), TON Proxy (VPN Service), TON Services & DNS (Bereitstellung von Diensten Dritter) und TON Payments (Plattform für Micropayments und P2P-Transaktionen) nennen.
Dabei besteht das Netzwerk aus mehreren Blockchains. Dabei ist die hauptsächliche Blockchain für das Speichern wichtiger Protokoll-Informationen zuständig.
Sie verwendet das ADNL-Protokoll und unterstützt Sharding und das Hypercube Routing für eine hohe Skalierbarkeit. Als Konsensus-Algorithmus kommt ein BFT (Byzantine Fault Tolerant) zum Einsatz.
Der GRAM-Token
Der GRAM-Token ist die interne Verrechnungswährung des TON-Netzwerks und kann mehrere Funktionen erfüllen. Zum einen erhalten die TON Nodes (Validatoren des Netzwerks) eine GRAM-Kommission für das Bestätigen von Transaktionen und dem Generieren neuer Blocks.
Entwickler müssen für das Ausführen von Smart Contracts auf den TON-Blockchains eine Gebühr in GRAM bezahlen, ebenso wie die Nutzer, die die verschiedenen Applikationen nutzen möchten.
US-Gericht verbietet TON Token Sale
In einer einstweiligen Verfügung vom 24. März stellte der US-Bezirksrichter P. Kevin Castel vom Southern District of New York fest, die SEC habe einen plausiblen Fall nachgewiesen, dass Telegram nicht registrierte Wertpapiere verkauft habe.
Die Aufsichtsbehörde verklagte Telegram im Oktober 2019 und behauptete, dass das Unternehmen gegen Bundesrecht verstoßen habe, als es im Jahr 2018 fast 2 Milliarden Dollar durch das Initial Coin Offering einsammelte.
Das Gericht stellte fest, dass die SEC wahrscheinlich richtig liegt, wenn sie befürchtet, die GRAM-Token könnten auf einem öffentlichen Sekundärmarkt gehandelt werden, der auch von Telegram unterstützt werden würde.
Der Richter verwies in seiner 44-seitigen Stellungnahme auf den Erlös von 1,7 Milliarden Dollar aus dem Verkauf und schrieb, dass Telegram eine „Struktur zur Maximierung des Gewinns der Käufer“ aufbauen würde.
„Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realitäten im Rahmen des Howey-Tests stellt das Gericht fest, dass im Zusammenhang mit dieser Regelung der Weiterverkauf von Grams auf dem sekundären öffentlichen Markt ein integraler Bestandteil des Verkaufs von Wertpapieren ohne eine erforderliche Registrierungserklärung wäre.”
In seiner Howey-Analyse, der Wertpapierbewertung, die nach einem Fall des obersten US-Gerichtshofs benannt ist, schrieb der Richter, dass die Käufer einen Gewinn erwarten würden.
Und obwohl Telegram behauptet hat, dass es nicht die führende Kraft hinter der weiteren Entwicklung der Telegram Open Network (TON)-Blockchain sei, wäre es in der Realität eben doch so.
Diese richterlichen Entscheidungen lassen nichts Gutes für die Zukunft des Projekts vermuten. Man kann davon ausgehen, dass Telegram Revision einlegen und sich dieses Verfahren noch weiter in die Länge ziehen wird.
Refund für Telegram ICO Investoren?
Vergangene Woche hieß es in einem auf der russischen Website von SmartLab veröffentlichten Brief, dass Telegram GRAM-Käufern ermöglichen möchte, ihr Geld zurückzuerhalten, wenn die Frist für die Ausgabe der Tokens abgelaufen sei.
Das Unternehmen möchte in Übereinstimmung mit dem Kaufvertrag 72 % der ursprünglichen Investition zurückzahlen. Sollten Sie sich jedoch entscheiden, noch ein weiteres Jahr zu warten, bietet Ihnen Telegram die Option, 110 % der Investition zurückzuerhalten.
Wie Telegram diese Differenz im letztgenannten Szenario erwirtschaften möchte oder ob sie dafür auf Eigenkapital des Unternehmens zurückgreifen, ist unbekannt.
Fazit: Ausgang des Rechtsstreits ungewiss
Wie dieser Fall ausgehen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer einzuschätzen. Ich vermute, dass sich die SEC weiter hartnäckig zeigen und Telegram keine Zugeständnisse machen wird.
Es ist ein sehr politisches Thema, bei dem es den Regulatoren sehr wichtig sein wird, die Weichen für zukünftige, ähnliche Fälle zu stellen.
Ich denke nicht, dass das TON-Netzwerk gemeinsam mit dem GRAM-Token in dem ursprünglich geplanten Umfang umgesetzt werden wird.